THE BOTANIST – FORAGING DAY – BERLIN 

Ein etwas anderer Tag. Am 04.Juli 2016 streift eine viertelhundert starke Gruppe Berliner Bartender/innen abseits der Wege durch die Natur und nimmt sich Zeit für eine Spaziergang der anderen Art in versteckten Winkeln im wunderschönen Grunewald. Das Ziel ist allerdings kein Ausflugslokal mit Kaffee & Kuchen (es ist Montag morgen, Kaffee muss reichen…) sondern zunächst eine ungewohnte Aufgabe. Foraging bedeutet nämlich erst einmal verstehen, dann sehen und erst dann selektiv sammlen. Damit dies gelingt, hat sich THE BOTANIST es sich auch nicht nehmen lassen uns alle mit dem perfekten Equipment auszurüsten.

Unterwegs mit Forager Jonathan Hamnett (Mitte)

Lisa Marie de Ridder erklärt dazu: „Zum Foraging braucht man nicht viel, es reicht neben dem ausreichenden Sachverständnis als Basisausrüstung zunächst eine gute, scharfe Pflanzen-Schere, ein ordentliches Messer, ein Rosshaarpinsel, ein Beerenkamm, geeignete Behälter für das Sammelgut und letztlich auch eine geräumige und robuste Foraging-Tasche mit Schultergurt.“

Oliver Meschner SCANDIC und Lisa de Ridder BOTANIST
Wie nützlich das war, zeigte sich rasch. Und wer einmal ordentliches Gartenwerkzeug gekauft hat, weiss den Wert seiner Ausrüstung umso mehr zu schätzen.  Aber die schönsten Tools nützen natürlich nichts, wenn man nich weiss wie man sie einsetzt. Das ist übrigens auch beim Barwerkzeug so. Man kann vielleicht morgen in einer Bar anheuern, die toll eingerichtet ist, perfekte Bartools und trinkwillige Gäste hat. Wenn es dem motivierten Bartender allerdings an Ausbildung, Fachwissen und einem guten Händchen für den Gast fehlt wird kann der erste Arbeitstag eventuell auch bereits der letzte sein sein.

Forager Jonathan Hamnett
Im Grunewald wird uns das nötige Wissen zum Thema des Tages durch Forager Jonathan Hamnett vermittelt. Das Briefing ist umfangreich aber klar, und so stapfen wir los. Gut zu Fuss muss man auch sein stellen wir schnell fest…
Es folgt eine dreiteilige Erfahrung: Suchen, staunen, sammlen. Wir staunen, weil wir im Alltag gar nicht mehr wahrnehmen, was um uns herum passiert und wächst.

Brand Ambassador Ewald Stromer (Rechts)
Mit den gesammelten Kräutern ist dann schliesslich der erste Schritt getan. Ewald Stromer (Brand Ambassador Bruichladdich & The Botanist Gin) demonstriert uns die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für Bartender, und vor allem wie leicht es ist den Gast durch die Natur inspirierte Drinks zu überraschen.

Odd Ivar-Strandkakken, Prinzipal Kreuzberg

Foraged Mixology wird dann im nächsten Schritt das Thema für die Botanist-Team-Workshops.

Kräuter in der Verarbeitung

Ein Highlight und gelungene Überraschung zum Schluss, der Koch Craig Grozier ist Foraging-Spezialist, ist bereits vor Tagen aus Schottland eingeflogen, und hat sich vor Ort besorgt was in die Töpfe muss. Das Wildschwein wie alle anderen Zutaten kommen ausschliesslich aus der lokalen Natur, konsequent bis ins letzte Detail. Die Menuekarte liest sich wie ein Traumspaziergang durch den Grunewald, der Gaumen singt, das Herzchen lacht. Der Chef hat alles richtig gemacht. Craig Grozier & Team rockt Schloss Grunewald und zeigt im einem exzellenten 4-Gänge Menü am Abend Foraging par excellence.

Dinner Dessert

 

Als wir am Abend in den Bus zurück zur Innenstadt steigen denken wir. „Könnte doch morgen wieder ein Foraging Day mit The Botanist sein“.

Als nächstes kann sich München auf den Botanisten freuen… sagt man. Glücklich schätzet Euch, wenn Ihr eins der limitierten Tickets habt – do not miss it!

 

xxxxx Mehr zum Thema Foraging? Hier ein Auszug aus unserem bereits veröffentlichten Blogbeitrag zum Thema:

UNSERE GROSSELTERN WAREN FORAGER

Meine Grosseltern sprachen mehr schlecht als Recht Englisch, und doch hat ihre Generation das, was heute unter „Foraging“ von Paul Chambers und anderen beschrieben und praktiziert wird, aus lebensnotwendigen Umständen am eigenen Leib erlebt. Schon in den Vorkriegsjahren des zweiten Weltkriegs entstanden so z.B. für die Generation unserer Grosseltern Gartensiedlungen um die Bevölkerung in den bevorstehenden Kriegsjahren unabhängig von der Versorgung zu machen, indem man Wohnraum subventionierte der an den Anbau von Obst, Gemüse und die Kleinviehhaltung gebunden war. Unsere Generation hat selbst – glücklicherweise – auch die Nachkriegsjahre nicht mehr erleben müssen, und shoppt heute ganz selbstverständlich im Supermarkt nach Einkaufszettel. Wobei man auch lobenswerter Weise dem mündigen und immer aufgeklärteren Bürger und auch dem Handel danken muss, dass es in den letzten Jahren einen merklichen Trend zu regionalen Produkten gibt, die der Supermarkt direkt vom Obsthof oder Bauer der Region bezieht.
Unabhängig von dieser – sehr convenienten Versorgungssituation – fangen immer mehr Garten- und Balkonbesitzer an ihre Erden zu nutzen, Kräutertöpfchen und Gemüsebeete zu hegen und pflegen.
Paul Chambers und alle die heute FORAGING betreiben gehen da noch einen Schritt weiter. Sie sammeln in der freien Wildbahn, wobei das nicht so einfach ist wie es sich anhört.

In der Eifel, hört man, fallen nicht selten organisierte Trupps auf, die die Wälder durchstreifen und komplett leerpflücken. Und während unserer Urlaubsreisen habe ich sie oft gesehen; Privatleute die am Rand der Landstrasse in der Provence wie in Polen gleichermassen campieren. Nicht aus Romantik, sondern um Geld zu verdienen, denn sie verkaufen Pilze und Beeren, die sie zuvor in den Wäldern gesammelt haben. Oft haben meine Frau und ich diskutiert, ob man hier kaufen sollte oder nicht… Nach der Lektüre zum Thema Foraging wird mir jetzt einiges noch klarer, was ich gerne hier teilen möchte.

Denn so gross die Verlockung auch ist, die Beere oder das Kraut zu pflücken, die man in der Natur sieht, so wichtig ist es mit dem richtigen Grundwissen und in verantwortungsvoller Weise aktiv zu werden, sich selber wie auch der Natur zuliebe. Es gibt Pflanzen, die nicht nur ungeniessbar und/oder Schadstoffbelastet, sondern gar giftig sind. Abgesehen von den als bedrohte Art eingestuften Exemplaren.

MERKE: NICHT JEDER ORT IST FORAGING-GEEIGNET

Der Rand vielbefahrener Strassen bespielsweise ist in mehrerlei Hinsicht eine ungeeignete Quelle für frische Nahrungsmittel, denn er beherbergt so ziemlich alles was man nicht in seinem Mund haben möchte; Streusalze, Unkrautvernichtungsmittel, Reifenabrieb, Öle und Schwermetalle. Abgesehen davon hinterlassen Menschen wie Tiere dort Abfälle jedweder Art. Also streichen wir diese Quell mal ganz schnell.

Paul Chambers hat in London grüne Zentren entdeckt, in denen man wider Erwarten foragen kann. Damit meint er nicht die grünen Rasenflächen und liniengezogenen Beete, die mittels Chemie unkrautfrei bleiben, sondern vielmehr unkultivierte Nischen, warnt aber gleichzeitig von alten, industriellen Flächen die zwar augenscheinlich von der Natur übernommen anmuten, aber noch für Jahre belastet sind, bevor man hier ohne eingehende Vorabanalyse Nahrungsmittel pflücken sollte. Und da der gemeine Forager kein mobiles Labor mitführt, gilt die Regel alte Industrieanlagen zu meiden. Das gleiche gilt für intensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen, deren Bewirtschaftung Pestizide und Herbizide vorsieht. Die grünen Nischen übrigens benötigten wundersamerweise manchmal kaum grosse Menge an Erden, vielen Pflanzen reicht das was sie zwischen Plastersteinen, Mauernischen und alten Dächern finden schon als Nährbasis.

VERANTWORTUNGSVOLLER UMGANG MIT DER NATUR

Es gilt das, was wir aus dem Strassenverkehr kennen; Schilder beachten. Privateigentum achten. Geschützte Flächen respektieren. EIn Abzupfen von Kräutern im Naturschutzgebiet (Engl: SSSI’s = sites of specific scientific interest) ist kein Kavaliersdelikt.

Die Forager sind sich einig was die Grundregeln betrifft:

Benutze immer eine Schere oder Messer, die Pflanzen niemals abreissen. Und schon gar nicht ausreissen. Und nehme immer nur soviel, dass die Pflanze sich regenerieren kann. Lass ihr Blätter zum Leben. Und auch der Natur ihren Teil, die Blüten beispielweise sind für Insekten lebenswichtig. Foraging ist kein Einsammeln bis nichts mehr übrigbleibt. Wer seinen Apfelbaum erntet, der schneidet auch nicht alle Äste komplett ab, sondern pflückt behütsam ohne den Baum zu verletzten oder ihm seine Lebensenegrie zu entziehen.
Benutze immer eine Schere oder Messer, die Pflanzen niemals abreissen. Und schon gar nicht ausreissen. Und nehme immer nur soviel, dass die Pflanze sich regenerieren kann. Lass ihr Blätter zum Leben. Und auch der Natur ihren Teil, die Blüten beispielweise sind für Insekten lebenswichtig. Foraging ist kein Einsammeln bis nichts mehr übrigbleibt. Wer seinen Apfelbaum erntet, der schneidet auch nicht alle Äste komplett ab, sondern pflückt behütsam ohne den Baum zu verletzten oder ihm seine Lebensenegrie zu entziehen.

Geh nicht immer wieder an die gleiche Stelle. Auch wenn es in unserer DNA steckt, dorthin zurückzukehren wo wir wissen „DA IST DAS FUTTER GUT“. Du bist hier nicht in der Pommesbude. Suche weiter – denn die Natur braucht ihre Zeit um nachzuproduzieren.

FORAGING IST KEIN SHOPPING

Lass die Plastiktüte zu Hause, nehm stattdessen eine Box mit. Kräuter und Blüter sind darin zigmal besser aufgehoben.

Und zu gutem Schluss noch ein Rat:

NEHM UND ISS NUR DAS WAS DU KENNST

Ess niemals etwas, von dem Du Dir nicht zu 100% sicher bist was es ist. Wann auch immer Du zweifelst, lass es. Es gibt zwar weniger giftige Pflanzen und Pilze als essbare, aber es sind immerhin noch genug…

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